Der Wasserfall von Partschins

Novelle

Das Angebot lässt Rolf nachdenken. Er diskutiert mit Andreas und Sieglinde die halbe Nacht. Bis zum Einschlafen.
Beim Frühstück fragt Marianne noch einmal nach. Friedl ist neugierig. Pawel auch. Anuschka nickt Rolf zu. Jetzt fühlen sich Andreas und Rolf etwas unter Druck gesetzt. Sieglinde nicht.
„Ich würde sofort hier bleiben.“
Das ist wahrscheinlich der letzte Ruck, der Rolf gefehlt hat.
„Die Mehrheit siegt“, sagt er lächelnd. Andreas beugt sich schnell. Er muss nicht lange überredet werden. Marianne und ihre Gehilfen überzeugen schnell mit ihrer Freundlichkeit.
„Ich bin gelernte Köchin“, sagt Sieglinde. Marianne fällt ein Stein vom Herzen.
„Ich habe nach der Wende mit diesem Beruf aufgehört. Die Westdeutschen wollten den Beruf bei uns nicht gut bezahlen.“
Pawel schüttelt den Kopf. Er kann das nicht verstehen. Er weiß aber zu gut, was er in deren Betrieben verdiente. Das reichte nicht mal für die Miete. Anuschka wollte fast schon auf den Strich gehen. Pawel hat ihr das verboten. Sie haben gepackt und weiter gesucht. Wochenlang haben sie von trocken Brot gelebt. Sie konnten nur bei guten Freunden zur Untermiete leben. Auch die, hat Anuschka mit Naturalien bedient.
Pawel hat als Erntehelfer gearbeitet. Das brachte endlich den Durchbruch. Die harte Arbeit wurde ihm in Italien recht gut bezahlt. Ohne ihm die Übernachtungskosten und die Verpflegung abzuziehen. Bei seiner Arbeit lernte er Gustl und Marianne kennen.
„Koche uns doch mal eine Probe“, fordert er Sieglinde heraus. Marianne unterstützt den Wunsch mit Scherzen.
„Hast du in der DDR – Fleisch kochen gelernt?“
„Ja schon. Etwas. Unsere Schnitzel waren nicht so hauchdünn wie die hiesigen.“
Alle lachen. Pawel bestätigt das.
„Wir haben in der DDR immer gut gegessen. Auch sehr preiswert.“
Marianne wird neugierig.
„Ich habe ein paar Haxen von Spanferkel im Haus.“
Die hatte Gustl bestellt. Er wollte seinen Gästen etwas Besonders kochen. Die haben bei ihm Haxen bestellt. Wahrscheinlich die großen.
Gustl scherzte am Tisch seiner Gäste gern.
„Junge Schweine gehören in den Topf. Alte Schweine in die Wirtschaft“, war sein Leitspruch.
Die meisten seiner Gäste kamen schon immer aus Italien. Und die lobten seine Art zu kochen.
Friedl ist sehr glücklich bei der Ankündigung Sieglindes. Endlich muss er nicht mehr in die Küche, um Pawel und Anuschka zu helfen. Marianne setzt sehr viel Hoffnung in Sieglinde und Andreas.
„Ich habe im Keller eine Winde. Der Motor ist kaputt. Ich bring das nicht hin.“
Andreas will den Motor sehen. Pawel zeigt ihn Andreas.
„Das ist ein Kinderspiel. Den kann sogar Rolf reparieren.“
Rolf protestiert lautstark.
„Na hör mal. Die meisten Motoren habe ich gebaut. Nicht du.“
Andreas gibt ihm etwas kleinlaut, Recht.
„Er hat bei Julius das Lager geführt.“
Im Lager hat Rolf die ausgebauten Teile gegen neue ersetzt. Die alten Teile hat er oft repariert.
Julius hat die Teile guten Kunden preiswert anbieten können.
Sieglinde hat die Haxen gekocht.
„Du bist eingestellt“, sagt Friedl ganz kurz. Marianne ergänzt noch die Einstellung um Rolf und Andreas. Von den Gästen gibt es reichlich Lob. Marianne bedauert sogar, nur einen Karton davon zu haben.
Aus de Krankenhaus kommen keine guten Nachrichten. Beate wird Rollstuhlfahrerin. Die Spekulation der Arztes hat sich als Tatsache heraus gestellt. Außerdem muss sie ein Stützkorsett für die Wirbelsäule tragen. Rolf muss weinen. Mit Beate hat er manches Schäferstündchen verbracht. Er kann die Enttäuschung kaum verarbeiten. Erst der Verlust Karins und dann das. Das Alles für eine überhebliche Dummheit. Vier junge Leben verloren. Die Vier waren nicht unbedingt seine Freunde. Er wurde oft schikaniert von ihnen. Er fragt sich, ob das vielleicht die Rache Gottes ist.
Maria schaute ihn schon bei der letzten Begegnung im Krankenhaus unfreundlich an. Fast böse. Vorwurfsvoll. Eigentlich ist er jetzt froh, dort abgeschlossen zu haben. Eine gute Zukunft hat er dort nicht erwartet. Pawel, Anuschka und die neue Aufgabe werden ihn heilen. Er nimmt sich vor, nie wieder an Bergen zu klettern.

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