Unfall im Wasserfall von Partschins

Novelle

Die Einarbeitung der neuen Kräfte dauerte etwa eine Woche. Mittlerweile kennt sie Andreas von der Gemeinde persönlich. Hartmut war schon mehrmals bei Marianne. Auch Silvio, der Carabiniero.

„Das Zimmer ist zu klein für alle Bewohner“, stellte er fest. Marianne hat sofort reagiert. Andreas hat zusammen mit Pawel und Rolf den Schober ausgebaut. Die Familie hat jetzt eine eigene Wohnung. Hartmut konnte das Staunen kaum verbergen. Wegen der Schnelligkeit beim Ausbau. Offensichtlich hatte das Marianne schon geplant. Oder sogar Gustl. Gustl hatte schon lange vor, das Anwesen etwas zu vergrößern. Er wollte Obst anbauen. Keine Äpfel. Kirschen, Zwetschgen und diverse andere Obstsorten. Auch Gemüse als Zwischenkultur. In Bioqualität. Er hatte vor, die Ernte in seinem Gasthof zu vermarkten. Damit versprach er sich höhere Einnahmen als auf Märkten. Genau für diesen Traum, werden die neuen Kollegen benötigt. Wenn Gustl das im Himmel hören würde. Ausgerechnet nach seinem Tod, wird sein Traum wahr.

Hartmut von der Gemeinde soll prüfen, ob Marianne ein Brennrecht bekommt. Sie plant, das eigene Obst und die Beeren in Weine und Brände zu verarbeiten. Die meisten Beeren lieben es halbschattig. Ihre Lage würde das ermöglichen. Die steile Lage. Das Wasser in der Nähe. Die zahlreichen Mitarbeiter.

Gloria und Maria kommen aus dem Krankenhaus – Meran wieder. Beate wurde jetzt nach Innsbruck gebracht. Die Spezialisten dort versuchen, ihr doch noch zu helfen. Beate ist transportfähig. Die Meraner konnten sie stabilisieren.

Zwei Drittel der italienischen Gäste sind abgereist. Es wird Platz für die Familienangehörigen der Opfer. Selbst Bernhard und seine Frau Sofia erscheinen. Bernhard hat sein Auto voller Kränze seiner Geschäftsfreunde mit. Bei ihnen Allen hat Rolf gearbeitet. Reichlich Spenden stecken in den Umschlägen der Trauerbriefe. Hauptsächlich für Gustl. Sie Alle kannten Gustl.

Für diese Woche ist die Trauerfeier angesagt. Andreas von der Gemeinde und Nikolaus der Pfarrer, haben die Trauerfeier organisiert. Der ganze Ort wird daran teilnehmen. Auch die Familien der Opfer. Marianne und ihre Helfer bereiten Alles vor. Die Frauen von Partschins möchten gern helfen. Die Feuerwehr übt bereits die Musik. Zumal sie selbst auch Verletzte zu beklagen hat.

Pfarrer Nikolaus hat eine Trauerrede vorbereitet. In dieser Rede übt er auch schwere Kritik an dem Vorhaben. Er beruft sich auf Günter. Der bereut bereits sehr schwer diese Seilschaft.

„Der Blödsinn hat mich zum Krüppel gemacht und mir meine Geliebte genommen.“

Fast täglich weint er um Karin und seine Beate. Er wirkt betroffener als ihre Eltern; scheint es.

Eine neue tragische Nachricht erreicht die Gruppe.

Julius, der Vater Günter und Karins, ist mit dem Auto tödlich verunglückt. Gloria verfällt in eine Starre, die dem Krankenhauspersonal in Meran schwere Sorgen bereitet. Maria versucht, sich um sie zu kümmern. Gloria wirkt wie abwesend. Fast, wie nach einem Herzschlag. Starr. Unbeweglich. Die Meraner Neurologen sind sehr besorgt.

Maria scheint den Verlust besser wegzustecken. Sie wirkt kräftig und kampfbereit. Sie sucht auch die Nähe von Marianne.

„Wir müssen unsere Verluste zusammen überwinden“, bietet sie Marianne an.

Marianne reagiert kaum darauf. Sie ist momentan zu sehr abgelenkt.

„Friedl und meine Kollegen kümmern sich um mich. Ich fühle mich dort gut aufgehoben. Wir haben viel Arbeit. Die hilft mir, Alles zu vergessen und in die Zukunft zu schauen.“

„Kann ich helfen?“

„Danke. Können wir ihnen helfen?“

„Ich bin Maria.“

Maria bietet das Du an.

„Marianne“, antwortet leicht abgelenkt – fast trocken. „Wie geht es mit ihrer Brauerei weiter?“

Maria wirkt dankbar für die Ablenkung. Sie wirkt aufgeregt. Fast schon überaktiv. Sie zupft am Tischtuch, an ihren Sachen und schaut oft in den Spiegel.

„Mit der Brauerei habe ich sicher keine Sorgen. Ich muss nur die Unfallursache Beates und Werners genau erfahren. Ich brauche die Protokolle aus dem Krankenhaus.“

„Die kann ich dir schicken. Andreas von der Gemeinde tut das auch. Die haben doch deine Adresse.“

„Ja. Aber ich muss trotzdem fahren.“

„Pawel hilft dir beim Packen. Oder soll er dich nach Hause fahren?“

„Das wäre mir lieber. Es kann auch ein Taxi sein. Zur Zeit bin ich ziemlich zerstreut. Fahren könnte ich jetzt nicht.“

Friedl kommt zu dem Gespräch dazu. Er sieht immer noch recht ramponiert aus.

„Friedl, ich danke ihnen für die Hilfe und ihren Einsatz. Schreiben sie mir bitte ihre Kontonummer auf. Ich überweise ihnen einhundert Tausend.“

„Ich bedanke mich herzlich. Sie können das auch an Marianne überweisen. Sie gibt es mir dann.“

„Sie werden das sicher noch brauchen. Die Versicherungen decken nicht Alles, glaube ich. Ich möchte auf diese Art den Schaden wieder gut machen.“

Maria wirkt fast berechnend bei der Äußerung.

„Wer wird denn nun die Brauerei weiter führen?“

„Außer Beate und Werner gibt es schon auch noch Familienmitglieder. Der Notar ist mein nächster Weg.“

„Was ist mit Gloria. Wer führt das Autohaus weiter?“

„Günter kann das sicher noch. Karin nicht mehr.“ Maria bekommt feuchte Augen bei der Antwort. Julius ist einer unserer besten Freunde. Er ist ein Schulkamerad von Edmund. Sie haben auch zusammen studiert.

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