Der Wasserfall von Partschins

So viel er in den Policen sieht, sind schon Schäden bis fünf Millionen versichert. Aber das wird den Aufwand sicher nicht decken. Allein das Weiße Kreuz, die Feuerwehr und die Carabinieri, werden um die drei Millionen fordern. Das Krankenhaus sicher einen ähnlichen Betrag. Jetzt wird es schwierig.

„Ist das die einzige Versicherung?“, fragt Hartmut.

Maria überlegt. Eigentlich sind noch Unfallversicherungen für Jeden da. Die fragt Gloria, ob sie von den Versicherungen weiß. Gloria antwortet Ihr. Sie hat bereits Anschreiben der Versicherungen erhalten. Alle Schadensmeldungen haben das Haus verlassen. Die Lebensversicherungen regeln den Unfall. Für Günter ist eine Rente vorgesehen. Bescheiden. Aber die Rente wird von der Krankenversicherung und von einer Unfallversicherung noch ergänzt. Günter lebt also von drei Versicherungen.

„Mir geht es eher um die Abwicklung der Schäden, die unsere Kinder angerichtet haben.“

Gloria ist sich nicht ganz sicher. Darüber besitzt sie keine Informationen. Trotzdem sich die Versicherungen meldeten. Beide sprechen ab, das zu regeln. Das Geld von Karins Lebens-, Haftpflicht- und Unfallversicherung, möchte Gloria zur Regulierung des Schadens einsetzen.

Werner und Karin sollen von Nikolaus, auf dem Friedhof in Partschins, beigesetzt werden. Nikolaus findet das etwas ungewöhnlich. Das würde auch sehr viel Bürokratie verursachen.

Gloria und Maria scheinen Abstand zu nehmen von ihrem Vorhaben.

„Die gesegnete Erde ist stets die Heimaterde“, sagt er zu Maria und Gloria.

„Sie haben schon Recht. Unsere Großeltern liegen auch nicht in der Heimaterde.“

„Wir haben keinen Krieg“, antwortet Nikolaus.

„Hier nicht“, entgegnet Gloria. „Trotzdem befinden wir uns im Krieg.“

„Das schweift etwas sehr weit vom Thema ab. Die jungen Leute sind hier bei einem unüberlegten, sehr riskanten Abenteuer gestorben. Wie bei einem Auto- oder Motorradunglück.“

„Sie haben Recht. Wir werden unsere Kinder zu Hause begraben. Das haben sie doch verdient.“

„Ich habe fast das Gefühl, sie wollten sich mit der Grabstätte hier, etwas von der örtlichen Kritik zu Hause entfernen.“

„Ehrlich gesagt. Das war mein Anliegen. An ihrem Grab wird sicher über sie schlecht geredet.“

„Das schon. Aber das wird auch eine Warnung an nachfolgende Hitzköpfe.“

„Stimmt. Hoffen wir, die Warnung greift.“

„Das sehe ich etwas skeptisch. Gerade in Hinblick auf unsere Straßen und Berge. Es gibt wahrscheinlich nichts mehr, was unseren jungen Leuten das Kribbeln im Bauch verursacht.“

„Verstehe.“

„Die Jugend braucht konkrete Ziele und Aufgaben“, warnt Pfarrer Nikolaus. „Das ist die Aufgabe der Eltern.“

„Wir sind in dem Zusammenhang ziemlich machtlos.“

„Eben nicht. Sie haben oder hatten mit ihrem Wohlstand reichlich Einfluss. Und den haben sie nicht genutzt. Gerade dieser Wohlstand verleitet die Jugendlichen der entsprechenden Familien zu überheblichen Abenteuern und Sportarten. Die Kinder der ärmeren Familien sterben auf Arbeit oder dem Weg dahin.“

Diese Kritik scheint zu wirken. Gloria und Maria weinen. Nikolaus reicht Taschentücher aus. Offensichtlich hat er in den Taschen seines Talars reichlich Vorrat davon. Seine mahnenden Worte in Form einer sehr deutlichen, klaren und eindringlichen Stimme, zeigen wie scheint – oft Wirkung.

Familie Patroner spricht bei Andreas auf der Gemeinde vor. Papa Dominik hat eine Rechnung in der Hand.

„Ich habe den Schaden an unseren Wegen und der Weide zusammen gestellt.“

Andreas, wie immer, sehr freundlich, nimmt die Post entgegen.

„Ich gebe es Hartmut. Der kümmert sich.“

Dominik verlässt die Gemeindestube rückwärts wie einen Schrein. Mit dankenden Verbeugungen.

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